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„Sparminister sind in Non-Profit-Organisationen völlig fehl am Platz“

Interview mit Prof. Dr. Günter Thiele, Studiengangleiter für Non-Profit-Management an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften

Von Umweltorganisationen über Vereine bis hin zu Kranken- und Pflegeeinrichtungen: Gemeinnützige Organisationen benötigen Betriebswirtschaftler, die sich mit den Besonderheiten des Non-Profit-Sektors auskennen. Wir haben mit Prof. Dr. Günter Thiele, Studiengangleiter für Non-Profit-Management an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin über das Berufsfeld gesprochen.

 

 

Gemeinnützigkeit und Betriebswirtschaft – verbirgt sich hier nicht ein gewisser Zielkonflikt?

Prof. Dr. Günter Thiele: Nein, vielmehr stellt die Betriebswirtschaft in gemeinnützigen Organisationen sicher, dass erwirtschaftete Überschüsse in die gemeinnützigen Organisationen zurückfließen. Dabei steht die Erreichung des Unternehmenszweckes im Vordergrund, nicht die Gewinnerzielung. Eine möglichst effektive Zweckerreichung macht deutlich, dass auch soziale Unternehmen mit ihren Ressourcen haushalten müssen, also wirtschaften. 

 

Was unterscheidet Non-Profit-Management vom Studium der klassischen Betriebswirtschaftslehre?

Prof. Dr. Günter Thiele: Die klassische Betriebswirtschaftslehre (BWL) kümmert sich um private Unternehmen, die private Aufgaben wahrnehmen, wofür private Unternehmen oder Menschen Kapital bereitgestellt haben, das heißt sie verfolgen eine eigennützige Wertschöpfung, die der Rendite der Kapitalgeber dient. Das können große DAX-30-Unternehmen sein, Mittelständler oder kleine Familienunternehmen. Non-Profit-Organisationen (NPOs) kümmern sich dagegen meist um Aufgaben, die dem Gemeinwohl dienen. Sei es ein Sportverein, Hospiz oder große nationale oder internationale Umwelt- oder Menschenrechtsorganisationen. Damit nehmen NPOs in der Regel öffentliche Aufgaben wahr, die mit privatem Eigenkapital finanziert werden. Da diese aber auch nicht vom Staat finanziert werden, ist eine besondere Form des Managements erforderlich.

 

Wie kann man sich das NPO-Management konkret vorstellen?

Prof. Dr. Günter Thiele: Etwas vereinfacht, aber anschaulich gesagt, geht es bei NPOs nicht um das Verkaufen von Produkten oder Dienstleistungen. Unsere ‚Arbeitsgegenstände‘ sind Interaktion, Sorgesituationen und Nachhaltigkeit. Nehmen wir zum Beispiel ein Krankenhaus. Da befinden sich Patienten in Sorgesituationen, weil sie krank sind. Ärzte, Pfleger und Therapeuten kümmern sich unter Mitwirkung des Patienten und mit besonderer Zuwendung zum Patienten (Interaktionsarbeit) darum, dass die Patienten wieder gesund werden. Dabei soll in diesem Krankenhaus natürlich nachhaltig gewirtschaftet werden. Nur ein wirtschaftliches Handeln sichert die Existenz des Krankenhaues. NPO-Manager gestalten die Ausstattung des Krankenhauses mit Ressourcen wie Personal, Infrastruktur und Materialien, damit dies bestmöglich gelingt. Kurzum, das ‚Produkt‘ nachhaltige Gesundheitsversorgung ist einfach wesentlich komplexer als die Produkte klassischer Manager.

 

In sozialen Organisationen eilt Kaufleuten und BWLern oft der Ruf als ‚Sparminister‘ voraus. Ist das so?

Prof. Dr. Günter Thiele: ‚Sparminister‘ sind in NPOs völlig fehl am Platze. Gerade in Non-Profit-Unternehmen werden hervorragend ausgebildete Management-Experten gebraucht – und die Anforderungen an das Management von NPOs steigen. In nicht gewinnorientierten Unternehmen zählt nämlich eben nicht ‚möglichst billig‘ zugunsten der Rendite, sondern eine möglichst effektive Zweckerreichung bei nachhaltiger Entwicklung der Organisation. Um diesen Anforderungen im Management besser gerecht zu werden, haben wir an der Akkon Hochschule gerade ein neues Managementmodell für soziale Unternehmen und Non-Profit-Organisationen entwickelt.

 

Worum geht es bei diesem Modell?

Prof. Dr. Günter Thiele: Im Kern bringt das Modell die bedürfnisgerechte Versorgung bzw. den entsprechenden zweckorientierten Auftrag der NPO mit einer nachhaltigen Ressourcensteuerung in Einklang und berücksichtigt die vielfältigen Rahmenbedingungen bzw. Versorgungssituationen. Das Modell wird künftig die Grundlage der Managementlehre an der Akkon Hochschule bilden.

Welche Berufswege stehen Absolventen des Studiengangs Betriebswirtschaftslehre für Sozialunternehmen und Non-Profit Organisationen offen?

Prof. Dr. Günter Thiele: Da gibt es vielfältige Beschäftigungsbereiche – Gesundheit, Umwelt, Menschenrechte und viele mehr: So heterogen wie die NPOs sind auch die Beschäftigungsmöglichkeiten für unsere Absolventen. Wer Management für Sozial- und Non-Profit-Unternehmen studiert hat, kann zum Beispiel in Krankenhäusern oder Pflegeheimen arbeiten, aber natürlich auch in Bildungseinrichtungen, Stiftungen, NGOs oder großen Wohlfahrtsverbänden. Noch dazu ist der Non-Profit-Bereich ein echter Wachstumssektor und bietet damit sehr gute Beschäftigungschancen!

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Die Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin